Seltene Erkrankungen

Seltene Erkrankungen bilden eine sehr heterogene Gruppe von zumeist komplexen Krankheitsbildern, die meist chronisch verlaufen. Bei mindestens 80 Prozent der Seltenen Erkrankungen handelt es sich um genetische Fehlentwicklungen. Das heißt, sie sind angeboren und fallen in der Regel im Kindesalter auf. Es ist aber auch möglich, dass sie erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auftreten. Genetisch bedingte Störungen und Erkrankungen sind nicht primär durch äußere Einflüsse (schwierige Geburt, Infektionen, Unfälle, Umwelteinflüsse usw.) entstanden, sondern durch eine Veränderung des Genoms (Erbgut). Sie reichen von leichten Auffälligkeiten bis hin zu schwerwiegenden Behinderungen und Fehlbildungen.

Viele - darunter auch scheinbar zunächst "unwichtige" Symptome können auf eine mögliche genetische bzw. Seltene Erkrankung hinweisen.

Häufige Symptome bei denen an eine genetische Ursache gedacht werden sollte:

• körperliche und geistige Entwicklungsstörungen
• Klein- und Großwuchs
• neuromuskuläre Beeinträchtigungen
• Stoffwechselstörungen

Chromosomenanalyse

Es können zahlenmäßige, wie z.B. beim Down-Syndrom und grobstrukturelle Veränderungen der Chromosomen festgestellt werden.

Array-CGH

Das gesamte Erbgut wird auf sehr kleine Chromosomenstückverluste bzw. -zugewinne untersucht, wie sie bei einer Reihe von Mikrodeletionssyndromen vorkommen, wie z.B. dem DiGeorge-Syndrom.

Einzel-Gen-Analyse

Es können gezielt Mutationen in einzelnen Genen identifiziert, wenn z.B. der Verdacht auf eine spezifische Erkrankung besteht oder der Familienstammbaum auf einen spezifischen Gendefekt hinweist.

Gen-Panel-Diagnostik oder Exom-Diagnostik

In einem Ansatz können eine Vielzahl von Genen oder das gesamte Exom untersucht werden.

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge etwa vier Millionen Menschen mit einer der weltweit bis zu 8000 unterschiedlichen Seltenen Erkrankungen, in der gesamten EU geht man von 30 Millionen Menschen aus.

Menschen mit Seltenen Erkrankungen werden auch als "Waisen der Medizin" bezeichnet, da an ihrer persönlichen Erkrankung of nur sehr wenige Menschen leiden. Das hat zur Folge, dass das Wissen über die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten dieser Krankheiten gering ist – genau wie das wirtschaftliche Interesse, in neue Diagnosetechniken oder Wirkstoffe zu investieren. Für die Menschen, die von einer seltenen Erkrankung betroffen sind, ist die Forschung zu den Grundlagen und Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankungen von gewaltiger Bedeutung.

Häufig sind die Mechanismen hinter den Seltenen Krankheiten nicht hinreichend erforscht. Und auch wenn die Hintergründe bekannt sind, gibt es oft noch kein Medikament zur Behandlung. Die Entwicklung eines Medikamentes für eine Seltene Erkrankung muss meist an einer sehr kleinen Gruppe von Betroffenen erfolgen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das für die Pharmafirmen oft nicht besonders lukrativ. Auch von der Wissenschaft gibt es immer noch zu wenig Forschung an Seltenen Erkrankungen. Der erste Schritt ist jedoch stets die Diagnosesicherung. Umso häufiger eine Diagnose bei einer Seltenen Erkrankung gestellt wird, um so höher ist die Chance für die Entwicklung einer Therapie.

Der 29. Februar (oder 28. Februar) ist der internationale Tag der Seltenen Erkrankungen (Rare disease day). Mit Tausenden Veranstaltungen in weltweit über 80 Ländern machen Menschen mit Seltenen Erkrankungen und ihre Unterstützer auf die Nöte von Betroffenen aufmerksam. Auch in Deutschland finden stets zahlreiche Aktionen statt, um die „Waisen der Medizin" in den Fokus von Politik, Medizin, Forschung und Gesellschaft zu rücken, die von der ACHSE (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen e.V.), dem Netzwerk von und für Menschen mit Seltenen Erkrankungen, unterstützt werden.

Die Kosten für die genetische Beratung und Diagnostik werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen.