Genetische Abklärung seltener Hirnfehlbildungen

Ein Fall aus der Praxis
Dr. Nico Breitbach-Faller, PD Dr. Ute Hehr, Dr. Eva Rossier
Immer wieder kommt es vor, dass Ärzte und Genetiker vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel stehen: Ein Kind entwickelt sich körperlich und geistig nicht gesund – aber die Familiengeschichte ergibt keinerlei Anhaltspunkt. Auch die Chromosomenanalyse ist unauffällig. Hier schildern die mit dem Fall betrauten Experten, was sie schließlich auf eine Spur brachte. Und warum die Suche so wichtig war.
Der 7 Jahre alte Junge ist das einzige Kind gesunder, nicht konsanguiner, aus Kasachstan und Sibirien stammender Eltern. Die Familienanamnese ist unauffällig. Der Schwangerschaftsverlauf war durch Gestose  und  Präeklampsie  belastet.  In  der  36+5 SSW erfolgte eine Sectio, die Geburtsmaße waren erniedrigt: das Geburtsgewicht betrug 1900 g (250 g < 3. Perzentile), die Körperlänge 44 cm (1 cm < 3. Perzentile) und der Kopfumfang 33 cm (25. Perzentile). Die Neonatalperiode verlief unkompliziert. Im 2. Lebenshalbjahr wurde der Junge zunehmend auffällig durch seine Kontakt- und Bewegungsarmut. Nach der Vorsorgeuntersuchung mit 12 Monaten wurde er erstmals zur weiteren Klärung an das Sozialpädiatrische Zentrum überwiesen. Klinisch dominierte im Alter von 12 Monaten der Eindruck  eines  sehr  passiven  Kindes  mit  einer deutlichen Entwicklungsretardierung entsprechend einem  Stand  von  5 - 6  Monaten,  ohne  spezifische neurologische Zeichen. Schädelsonografisch waren ZNS-Anomalien feststellbar: eine frontal betonte Aufweitung des Ventrikelsystems, ein nahezu vollständiges Fehlen des Balkens sowie eine Stierhornform der Seitenventrikel mit normal positioniertem III. Ventrikel.