Mensch, Neanderthaler und Schimpanse - Ein Vergleich von Genomsequenzen

Prof. Dr. med. Horst Hameister
Im Jahr 2010 wurde die erste Genomsequenz des Neanderthalers vorgestellt. Im Vergleich mit den bereits bekannten Genomsequenzen von Mensch und Schimpanse sollte es gelingen, diejenigen Veränderungen aufzufinden, die den Menschen ausmachen. Nach der herkömmlichen, sehr anthropologisch beeinflussten Denkweise handelt es sich bei den besonderen Merkmalen des Menschen vor allem um den aufrechten Gang (Bipedalismus) und weitere Skelettauffälligkeiten. In der heutigen Betrachtungsweise steht hingegen die Zunahme des Gehirnvolumens um etwa das Dreifache, verbunden mit den höheren kognitiven Funktionen im Mittelpunkt des Interesses und wird als das angesehen, was uns Menschen von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Als ganz zentrale Fähigkeit für die Entwicklung der höheren kognitiven Funktionen des Menschen wird zudem der Spracherwerb eingestuft.
Um eine derartige vergleichende Untersuchung durchzuführen, stehen uns auch die Genomsequenzen verschiedener anderer Spezies aus der Gruppe der höheren Säugetiere zur Verfügung, wie beispielsweise Maus, Ratte, Rind oder Hund. Die Aufspaltung (Radiation) in die verschiedenen Ordnungen erfolgte etwa vor 85 Mio. Jahren. Aus der Ordnung der Primaten wurden bisher bereits die Genome von Rhesusaffe, Schimpanse, zwei Klassen der Neanderthaler-Spezies sowie des heutigen Menschen veröffentlicht. Eine Übersicht über die zeitliche Entwicklung ist Abb. 1 zu entnehmen.



Abb. 1: Historische Entwicklung der Menschheit seit der Separation vom Schimpansen vor etwa 6 Mio. Jahren